Presented to THE UNITED SERVICE INSTITUTION By REAR-ADMIRAL SIR THOMAS HERBERT, K.C. B., M.P., This Timekeeper belonged to Captn. Cook, R.N., and was taken by him to Pacific in 1776. It was again taken to the Pacific by Captain Bligh in the "Bounty", 1787. It was taken by the Mutineers to Pitcairns Island and was sold in 1808 by Adams to a citizen of the United States, who sold it at Chili, where it was purchased by Sir Thomas Herbert. |
Das steht auf dem Deckel der Uhr, die auch als Larcum Kendalls K2 bekannt ist. Manchmal wird sie auch als der Bounty time-keeper bezeichnet, es war jene Uhr, die der amerikanische Kapitän Mayhew Folger von den Pitcairns mitbrachte. Er bekommt sie von dem letzten Überlebenden der Bounty Meuterer John Adams, der sich Alexander Smith nennt. Geld erhält Adams dafür nicht (was soll er auch auf der Insel damit?), lediglich a small silk handkerchief he prizes. Die Admiralität hatte dem Uhrmacher Larcum Kendall 200 Pfund Sterling für die Uhr bezahlt (multiplizieren Sie es mit hundert), jetzt wechselt sie für ein seidenes Taschentuch den Besitzer. Die Meuterer haben ihr Beutestück gut behandelt. Einundzwanzig Jahre, nachdem sie William Bligh übergeben worden war, ist sie noch immer funktionstüchtig.
Mayhew Folger schreibt in seinem Brief an die britische Admiralität: I remained but a short time on the island, and on leaving it Smith presented me with a time-piece, and an azimuth compass, which he told me belonged to the Bounty. The time-keeper was taken from me by the governor of the island of Juan Fernandez, after I had had it in my possession about six weeks. Der Gouverneur hatte Folger und seine Mannschaft ins Gefängnis geworfen und sich den Schiffschronometer angeeignet. Folger kommt wenig später wieder frei, als der Gouverneur abgesetzt wird, aber K2 ist erst einmal verschwunden. Die Uhr ist also nicht, wie auf dem Deckel eingraviert ist, in Chile verkauft worden. Das ist nicht der einzige Fehler bei dieser Inschrift, die Uhr ist auch nicht die Uhr gewesen, die Captain Cook auf seiner zweiten Reise benutzt hat.
Denn das war Larcum Kendalls K1, eine Kopie von John Harrisons berühmter H4. Dafür hatte Kendall, der ein solider Handwerker war (aber kein uhrmacherisches Genie wie John Harrison, Thomas Earnshaw oder John Arnold) von der Admiralität 500 Pfund erhalten. Obgleich Cook zuerst Vorbehalte gegen die Uhr hatte, musste er doch anerkennen, dass sie so genau ging, dass er damit sozusagen auf den Millimeter genau navigieren konnte. Das Rule Britannia, Britannia rule the waves wird jetzt von den englischen Uhrmachern garantiert. Von den drei Reserveuhren von John Arnold wird nur noch eine bei der Rückkehr nach England funktionieren (aber das kriegt Arnold noch in den Griff). Dass die Uhr von Kendall wie eine Taschenuhr aussieht, täuscht ein wenig. Sie ist beinahe dreimal so groß wie eine normale Taschenuhr und wiegt knapp anderthalb Kilo.
Der Marineleutnant Bligh ist ein wenig enttäuscht, dass er für seine wissenschaftliche Expedition wegen der Affenbrotbaumsetzlinge (ich liebe solche Wortbildungen) nur den time keeper K2 bekommt, an dessen Gang er die ganze Reise etwas auszusetzen haben wird. Er ist ja mit Captain Cook gesegelt, und er kennt die Qualitäten des time piece K1 (time piece und time keeper werden in dieser Zeit als Synonyme verwendet, später wird man für Schiffsuhren den Begriff chronometer gebrauchen). Die Uhr ist auch nicht mehr ganz neu, zuerst hatte sie Constantine John Phipps 1773 auf seiner Expedition zum Nordpol gehabt (das ist die Reise, wo der junge Nelson einen ➱Eisbären jagt), danach hatte man sie im Krieg gegen die aufrührerischen amerikanischen Kolonien verwendet. Jetzt ist sie bei Bligh gelandet, niemand ausser ihm darf sie anfassen. Der Fehlgang der Uhr (der in Spithead noch konsequent bei einer Sekunde lag), so notiert er im Logbuch, beträgt täglich zwischen einer und drei Sekunden.
Das ist für eine mechanische Uhr eigentlich eine erstaunliche Leistung. Ist natürlich nichts gegen eine Quarzuhr (links), die leider noch nicht erfunden ist. Und wo wollten Sie in der Südsee eine Batterie her bekommen? Noch heute werden im ganzen pazifischen Raum und im feuchtheißen Klima (wo Batterien nur kurze Zeit halten) mechanische Uhren verkauft. Nein, die Leistung der Uhr ist eigentlich nicht schlecht, irritierend sind nur die Schwankungen. Seit ich im Juli über ➱amerikanische Taschenuhren geschrieben habe, habe ich übrigens die Hamilton, deren Werk ich abgebildet hatte, jeden Tag aufgezogen. Sie verliert in zwei Monaten eine Minute, das bedeutet eine Abweichung von einer Sekunde am Tag. Nach über siebzig Jahren eine phänomenale Leistung für eine Taschenuhr. Kapitän Bligh wäre damit zutiefst zufrieden gewesen, wenn er meine Hamilton gehabt hätte.
Man weiß natürlich inzwischen, weshalb Kendalls K2 soviel schlechter geht als Harrisons H4 oder Kendalls Kopie von dieser Uhr. Die Admiralität wollte preiswertere Uhren, denn inzwischen kosteten diese Dinger ein Drittel von einem kleinen Kriegsschiff. Aber Kendall fehlte - im Gegensatz zu Arnold und Earnshaw - das Talent zu einer völligen Neukonstruktion. Da ließ er aus Preisgründen das Herzstück von Harrisons H4 (und seiner eigenen K1) einfach weg. Dieses Teil hat den Namen remontoire (oder force constante), und Harrison hatte es für seine H2 erfunden.
Harrisons Uhren sind, produktionstechnisch und ökonomisch betrachtet, ein genialer Irrweg. Arnold und Earnshaw werden jetzt Taschenuhren bauen, die man auch in die Tasche stecken kann, deren Preis sich bei 85 Pfund einpendeln wird (dadurch werden sie auch für Kapitäne von Handelsschiffen erschwinglich). Die Ganggenauigkeit bekommen sie durch zwei Erfindungen, von denen niemand genau weiß, wer sie damals gemacht hat, nämlich die Kompensationsunruh und die Chronometerhemmung. Was eine bimetallische Kompensationsunruh ist, stand schon einmal an dieser ➱Stelle. Und für die Chronometerhemmung, die man im übrigen für Schiffsuhren bis ins 20. Jahrhundert gebaut hat, habe ich hier ein wunderbares ➱Modell. Dieser Volker Vyskocil, der die schöne Seite gestaltet hat, baut auch Uhren. Fragen Sie lieber nicht, was die kosten! Umgerechnet fangen die bei einer Summe an, die die Admiralität für die K2 auf den Tisch legen musste.
Man kann an Viskocils Modell sehen, dass die Unruh damals sehr groß war und Regulierungsgewichte enthielt. Man setzte beim Bau auf große, schwere Unruhen und einen langsamen Gang (heute ist das anders), das Prinzip hat man im Chronometerbau noch lange beibehalten. Auch Unruhen von dem Chronometergenie Paul Ditisheim zu Anfang des 20. Jahrhunderts oder ein moderner Schiffschronometer (links) sehen immer noch so aus. Wenn Sie die Unruhe auf der Seite von Vyskocil anklicken, können Sie das Ganze in einem kleineren Fenster in Bewegung setzen. Faszinierend. Man kann genau die Feder der Chronometerhemmung (das am schwierigsten zu fertigende Teil, dessen Reparatur heute nur noch wenige Chronometerbauer in Europa beherrschen) bei ihrer Arbeit beobachten. Der einzige Nachteil, den die Chronometerhemmung hat, ist, dass sie sehr stoßempfindlich ist. Man muss die Uhr schon kardanisch aufhängen und wie ein rohes Ei behandeln.
Die Spur der K2 verliert sich erst einmal 1808 im Gouverneurspalast. Wenn es da einen Palast gibt. Ich habe kein Bild davon, aber ich habe ein Bild von dem Zelt des englischen Kapitäns George Anson, der sechzig Jahre vor Kapitän Folger hier war. Der spätere Admiral kommt hier bestimmt noch einmal vor, weil seine Weltreise ebenso abenteuerlich ist wie die Geschichte des Bounty time piece. Die Uhr taucht irgendwann im Besitz eines Spaniers namens Castillo in Concepion in Chile auf, der sie für drei Dublonen gekauft haben soll. Nach seinem Tode ist der nächste Besitzer jener Kapitän Thomas Herbert, dessen Name auf dem Boden eingraviert ist. Damals noch nicht Sir Thomas und noch nicht Seeheld und Admiral.
Er kauft den Chronometer knapp siebzig Jahre, nachdem Kendall (der da schon fünfzig Jahre tot ist) ihn gebaut hatte, durch Vermittlung des britischen Konsuls von der Familie Castillo für fünfzig Guineas (die Währung der feinen Welt). Der Consul Alexander Caldcleugh ist schon seit mehr als zwanzig Jahren in Südamerika (er hat auch über diese Zeit Bücher über Südamerika geschrieben), er kennt sich in dieser Welt aus. Vielleicht verdient er auch ein bisschen am Kauf. Ich weiß nicht, ob es Thomas Herbert in diesem Augenblick schon klar ist, dass er die Schiffsuhr der Bounty in Händen hält. Dass ein Kapitän einen Seechronometer kauft, ist in dieser Zeit nichts Aussergewöhnliches. Die Royal Navy ist geizig. Wissen wir aus tausend Romanen, wo die Matrosen kurz vor der Meuterei stehen, weil das Brot voller Maden ist. Die teuren Seechronometer gehen nur an bestimmte Schiffe (Kendalls K1 ist mehr als dreißig Jahre auf der Australienroute unterwegs), im Jahre 1802 haben nur sieben Prozent der Kriegsschiffe einen von der Admiralität gelieferten Chronometer!
Also kaufen die Offiziere die preiswerteren Chronometer von Arnold oder Earnshaw auf eigene Kosten. Die liegen im Jahre 1800 preislich bei 60 bis 100 Pfund, dazu kommen noch einmal 10 Pfund im Jahr für Reinigung und Reparatur. Das ist eine Menge Geld, wenn man bedenkt, dass ein Kapitän damals 28 Pfund im Monat verdient (ein Leutnant nur acht Pfund). Und es genügt ja nicht, dass ein Chronometer an Bord ist, es müssen schon mehrere sein. Erst in den 1840er Jahren, nachdem sich Thomas Herbert seine Uhr in Valparaiso gekauft hat, wird die Admiralität ihre Kriegsschiffe mit genau gehenden Uhren ausstatten. Mit mindestens einer chronometer watch (oder einer H.S.2 Uhr) sowie mehreren H.S.3 und H.S.4 deck watches (H.S. steht für Hydographic Department Standard).
Thomas Herbert ist nicht zum Vergnügen um Kap Hoorn gesegelt. Er ist jetzt in Valparaiso, um den Admiral Charles Ross (der Napoleon nach St. Helena gebracht hatte) mit seiner Flotte zu treffen. Ihr Ziel ist China, der erste Opiumkrieg. Aber erst kauft er diesen schönen Chronometer, lässt ihn in Valparaiso überholen und nimmt ihn mit in den Krieg gegen die Chinesen. Auf dem Bild weiter oben mit der Beschiessung der chinesischen Dschunken ist er bestimmt dabei, da die abgebildete Nemesis mit anderen Schiffen unter seinem Kommando steht. Als Herbert, inzwischen Sir Thomas und Admiral, nach London zurückkehrt, da weiß er inzwischen, welche Uhr er damals in Valparaiso gekauft hat. Nach siebzig Jahren, zwei Kriegen (der amerikanische Unabhängigkeitskrieg und der erste Opiumkrieg), einer Nordpolexpedition, der Südseeexpedition von William Bligh und der Meuterei auf der Bounty kommt sie jetzt ins Museum. Sie funktioniert immer noch hervorragend.
Warum hat Dava Sobel, die das schöne Buch Longitude geschrieben hat, kein Buch über Kendalls K2 geschrieben? Warum hat noch kein Dichter diesen Chronometer besungen? Ich hätte da aber noch ein kleines Schmankerl zum Schluss, ein Gedicht des australischen Dichters Kenneth Slessor. Es heißt Five Visions of Captain Cook, und man kann es ➱hier lesen. Uhren von Arnold und Kendall kommen auch drin vor.
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