Montag, 25. Januar 2016

Admiräle


Amerika hat Seehelden wie ➱Stephen Decatur (Bild) oder ➱John Paul Jones. Das sind die Herren, die so schöne Sätze wie Right or wrong, my country! und Sir, I have not yet begun to fight gesagt haben. Beide haben natürlich schon einen Post in diesem Blog. Aber Amerika hat auch andere Admiräle. Und zwar solche, die in der letzten Zeit den Ruhm der Navy ein wenig in Verruf gebracht haben. Im Oktober verlor der Rear Admiral David Baucom seinen Posten, weil er bei einer Konferenz hackevoll aus dem Saal geschleift werden musste und hinterher splitterfasernackt am Strand spazieren ging.

Und gerade in diesem Monat wurde der Rear Admiral Rick Williams von seinem Kommando abgelöst. Wegen allegations of misuse of government computer equipment, angeblich soll er auf seinem Dienstcomputer Pornos geguckt haben. Er müsste schön blöd sein. Zum einen blockiert das US Navy/Marine Corps Intranet (NMCI) den Zugang zu Pornoseiten, zum anderen weiß jeder Navy Angehörige, der sich mit geheimen Passwort und Namen einloggt, dass alles registriert wird, was er in diesen Computer tippt. Wir können uns im Fernsehen einmal in der Woche die Heldentaten von Jethro Gibbs und seinem NCIS Team anschauen, aber hier hat man wohl etwas schlampig ermittelt.

Marine, Frauen, Erotik und Pornographie, das sind so Probleme. Das fängt schon bei alten Schiffen mit der Galionsfigur an. Meistens weiblich. Wie die meisten Schiffsnamen. Und dann all das, was da im Meer herum schwimmt. Leslie Fiedler soll mal in einem Vortrag gesagt haben, dass der weiße Wal in Moby-Dick die überzeugendste Frauenfigur in der amerikanischen Literatur ist. Die Begegnungen mit Sirenen, ➱Meerjungfrauen und Hexen in der Gestalt von Seehunden lassen wir jetzt mal draußen vor.

Und dann haben wir noch die Pin Ups in den Spinden. Bei denen die Matrosen ihren Vorgesetzten wohl nur in den seltensten Fällen erzählen können, dass es sich da um ein Bild ihrer Mutter handelt. Dies hier ist natürlich ➱Rita Hayworth, wahrscheinlich Pin Up Number One des Zweiten Weltkriegs. Das Photo, das Ann-Margret berühmt machte, finden Sie ➱hier. Vor zehn Jahren quittierte ein Kaplan der Royal Navy den Dienst, weil er die überall sichtbare Pornographie an Bord nicht mehr aushielt. Und dann haben wir da noch den US Navy Lt Commander John Thomas Matthew Lee (auch ein Priester), der gerade wegen Kinderpornographie von Gericht steht. Ihn erwarten wohl zwanzig Jahre Gefängnis.

Frauen an Bord bringen Unglück, sagt der Volksglaube. Der Germanist Wolfgang Stammler hat in einem volkskundlichen ➱Artikel mit dem Titel Seemanns Brauch und Glaube alles gesammelt, was mit Kawenz- und Klabautermann zusammenhängt. Doch soviel Unglück können Frauen offensichtlich gar nicht bringen. Admiral Nelson (und andere Kapitäne in dieser Zeit) hatte nichts gegen Frauen an Bord der Schiffe seiner Majestät, das kann man in N.A.M. Rodgers Geschichte der Royal Navy The Command of the Sea nachlesen. Inzwischen gibt es überall in der Marine Frauen an Bord, die amerikanische Marine hat seit den siebziger Jahren sogar weibliche Admiräle.

Was macht man mit Admirälen, die straffällig geworden sind? Kielholen? Die neunschwänzige Katze? Piraten knüpft man an der Rah auf. Matrosen auch. Melvilles Novelle ➱Billy Budd handelt davon. Man kann einen Admiral natürlich erschießen. Kommt selten vor, ist aber im Fall von John Byng, der ➱hier einen langen Post hat, geschehen. Seine Familie ließ auf den Grabstein schreiben: To the perpetual disgrace of public justice The Honble John Byng Esqr Admiral of the Blue Fell a Martyr to Political Persecution. 

Voltaire, der lange in England lebte, schrieb damals: In this country, it is wise to kill an admiral from time to time to encourage the others. Und der Newgate Calendar fand die Worte: Thus fell, to the astonishment of all Europe, Admiral John Byng who was at least rashly condemned, cruelly sacrificed to vile political intrigues. Zwei Vizeadmiräle hatten sich geweigert, das Urteil zu unterschreiben, hingerichtet wurde Byng trotzdem. Er war der erste und der letzte englische Admiral, dem so etwas widerfuhr.

Offensichtlich spielt die Politik eine Rolle, wenn es um angebliche Verfehlungen von Offizieren geht. Es war etwas absurd, dem amerikanischen Admiral Husband E. Kimmel (Bild) nach Pearl Harbor zwei seiner vier Sterne wegzunehmen. Er hätte das Desaster wohl kaum verhindern können. Die Militärgeschichte ist voll von Beispielen der Ungerechtigkeit. Der Neffe des Generals von der ➱Marwitz ließ auf seinen Grabstein setzen: Sah Friedrichs Heldenzeit und kämpfte mit ihm in all seinen Kriegen. Wählte Ungnade, wo Gehorsam nicht Ehre brachte. Die Kießling Affäre der Bundeswehr wollen wir jetzt lieber nicht erwähnen.

In Deutschland kann ein Admiral (oder General) jederzeit ohne Angabe von Gründen in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden. Der amerikanische Präsident ist der Oberkommandierende der Streitkräfte, auch er kann jederzeit einen Admiral entlassen. Der jetzige Präsident hat nicht gedient, er ist einer von zwölf Präsidenten, der keine militärische Karriere hat. Alle anderen waren Offiziere. Barack Obama hat vielleicht in den letzten fünf Jahren mehr Stabsoffiziere gefeuert als andere Präsidenten zuvor (beinahe zweihundert). Rechtspopulistische Kreise sehen in ihm eine Gefahr für Amerika. Aber glücklicherweise regieren Admiräle und Generäle nicht das Land. Man kann sie jederzeit feuern.

Douglas McArthur musste das 1951 erfahren: 1951 war wohl der einzige Moment in der Geschichte, in dem Amerika kurz davor stand, das Schicksal der römischen Republik zu teilen. Der Mann, der die Rolle Cäsars gespielt hätte, war General Douglas MacArthur. […] Er überschritt gewissermaßen den Rubikon, als er Truman auch öffentlich kritisierte. Die Herausforderung des Präsidenten fand nicht nur den Beifall, sondern auch die Unterstützung der Führung der Republikaner im Kongress sowie eines beachtlichen Teils der konservativen Presse. Als Truman ihn ablösen ließ und er zu Hause als Held empfangen wurde, schien die Verfassung zur Disposition zu stehen, schrieb der Historiker Niall Ferguson.

Admiral Rick Williams (hier mit seiner Frau Suzy im Jahre 2014 in Hawaii) ist nicht Douglas McArthur. Seine Absetzung ein halbes Jahr nachdem er die Carrier Strike Group 15 übernommen hatte, bleibt rätselhaft. Vorerst ist er administratively reassigned to the staff of Commander, U.S. Third Fleet. Ich nehme mal an, dass diese Versetzung auch bedeutet, dass er noch Gehalt bekommt.

Echte Sorgen mache ich mir nicht, es gibt eh zu viele von der Spezies Admiral. Das hat Cyril Northcote Parkinson, dem wir die schöne ➱Biographie The Life and Times of Horatio Hornblower und ein halbes Dutzend Seeromane verdanken, schon in seinem Buch Parkinson's Law bewiesen. Das von ihm gefundene Gesetz über die Vermehrung der Beamtenstellen kennen wir alle aus dem alltäglichen Leben. Parkinson nahm in seinem ➱Buch dafür Statistiken der Royal Navy als Beispiel. Im Jahre 1914 hatte England 62 Schlachtschiffe, Panzerkreuzer und Kreuzer, die von 2.000 Beamten in der Admiralität verwaltet wurden. 1928 waren es nur noch zwanzig Schiffe, aber es gab mittlerweile 3.569 Beamte. Auch heute hat sich das Missverhältnis nicht geändert: vor drei Jahren kamen auf 19 einsatzfähige Kampfschiffe vierzig Admiräle und 260 Kapitäne. Man fragt sich bei solchen Zahlen immer wieder: was machen die alle? Pornos gucken?

Es gibt viele Admiräle in diesem Blog. In dem Post ➱Admiral Thomas Cochrane finden Sie eine Liste der Links zu den Posts, in denen ein Admiral vorkommt. Also ohne den Opel Admiral und den Schmetterling (Vanessa atalanta).

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