Ich war vorgestern bei meinem Hausarzt, um mir wie in jedem Jahr zu dieser Zeit mein Rezept für das Medikament gegen Heuschnupfen abzuholen. Der Heuschnupfen kommt immer pünktlich, zur ➱Kieler Woche ist er da. Ich griff mir im Wartezimmer den Focus und fand eine Seite über Waterloo. Mit einer Graphik und einigen farbigen Pfeilen. Simpler ging es nicht mehr, Geschichte für Hauptschüler, Zahlen über Zahlen. Orte die niemand mehr kennt, und die doch einmal so viel bedeuteten. Da ist der Jahrestag der Schlacht von Waterloo (oder Belle-Alliance) also wieder, zum zweihundertsten Mal.
Der geographische Raum, auf dem die Schlacht stattfand, ist begrenzt groß, man kann ihn auf Karten einzeichnen. Die Zahlen der Kombattanten, die auf den Feldern und Hügeln und in den Wäldern stehen, ist schon unbegreiflich groß. Ich habe am Beginn meiner Dienstzeit an einem der ersten Großmanöver der jungen Bundeswehr teilgenommen. 35.000 Mann bewegten sich da über die Truppenübungsplätze von Munster und Bergen-Hohne. Das Manöver wurde nach fünf Tagen abgebrochen. Wir hatten achtzehn Tote, und es war noch kein einziger scharfer Schuss gefallen. Verkehrsunfälle, Jeeps, die in der Nacht von Panzern überrollt wurden. Am Ende gab es einen Feldgottesdienst. Es wurde nie wieder über dieses Manöver geredet.
Der Generalmajor Bernhard Schwertfeger befand vor 100 Jahren: Vorgreifend sei hier gleich bemerkt, daß eine völlig genaue Darstellung aller Einzelheiten unmöglich ist, wo eine so große Anzahl von Truppen auf einem beschränkten Raum gleichzeitig gefochten hat. Gerade die Fülle der Aussagen von Augenzeugen verwirrt hier die Vorgänge häufig mehr, als sie dieselben klärt. Bekanntlich hat Wellington selbst es für unmöglich erklärt, eine völlig zutreffende Beschreibung von Waterloo zu geben, und eine Schlacht mit einem großen Ball verglichen, von dem die Teilnehmer auch meist nur das wissen, was sie persönlich gesehen und gehört haben. Die größte Schwierigkeit bietet bei jeder Schlachtschilderung immer die Herstellung der richtigen Zusammenhänge in den Begebenheiten nach Zeit und Ort.
Hundert Jahre später ist man offensichtlich nicht viel weiter, wie der Historiker Johannes Willms in dem neuesten Buch über Waterloo schreibt: Trotz oder gerade wegen der vielen Augenzeugen und Berichte über Verlauf und Ausgang der Schlacht von Waterloo sind die Erzählungen über das Geschehen von zahlreichen Legenden und Wahrnehmungen überlagert, die auch eine spätere Beurteilung und Einordnung des Geschehens beeinflussen. Wahrscheinlich ist deshalb die Beschreibung der Schlacht bei ihm sehr kurz, was viele Leser des Buches mit Enttäuschung feststellen mussten.
Empfehlen kann man dagegen das leider sehr teure Buch von Mark Adkin The Waterloo Companion: The Complete Guide to History's Most Famous Land Battle. Mehr als 180.000 Soldaten waren in der Schlacht. Jeder, der sie überlebt, hat seine eigene Geschichte. Jedes Regiment, hat seine eigene Geschichte, hat seine eigene Schlacht geschlagen. Nüchtern und präzise liest sich der Bericht des Generalstabs der ➱King's German Legion, die zum größten Teil aus hannöverschen Soldaten besteht. Die Wirklichkeit steht zwischen den Namen und Zahlen.
Im Bomann Museum in ➱Celle gedenkt man in diesem Jahr mit einer Ausstellung der Hannoveraner, und der Text über die King's German Legion von ➱Schwertfeger aus dem Jahre 1907 ist auch im Netz zu lesen. Was der Arbeitskreis hannoversche Militärgeschichte macht, ist ein Ansatz, den man gehen kann. Ein literarisches Unternehmen wie Kempowskis Echolot hat es für Waterloo nicht gegeben. In Frankreich gibt es die Association Franco-Européenne de Waterloo, die Zeugnisse der Schlacht sammelt, Erinnerungskultur ist das neumodische Schlagwort. Aber warum wissen wir viel mehr über die Bayern und die Schweizer, die Napoleon nach Moskau folgten? Hat man in Bayern eine andere Erinnerungskultur? Oder bessere Historiker?
Generäle sind meistens schlechte Erzähler von Geschichten. Selbst wenn sie dabei gewesen sind. Manche sind auch schlichtweg unzuverlässig. Wie General von Müffling, der preußische Verbindungsoffizier in Wellingtons Hauptquartier. Wellington selbst hielt nichts davon, den Historikern behilflich zu sein. So schrieb er seinem Freund John Wilson Croker: The history of a battle, is not unlike the history of a ball. Some individuals may recollect all the little events of which the great result is the battle won or lost, but no individual can recollect the order in which, or the exact moment at which, they occurred, which makes all the difference as to their value or importance.
Wellingtons eigener ➱Bericht über Quatre Bras, Ligny und Waterloo an Earl Bathurst ist nicht sehr aufschlussreich. Interessant ist aber dabei, dass er die Schlachten von Quatre Bras und Ligny am 16. Juni und die von Waterloo am 18. Juni als eine Schlacht ansieht. Was sie letztlich ja auch ist. Wir machen, wenn wir Waterloo isoliert betrachten, vielleicht einen großen Fehler. Es schreiben im Augenblick viele Leute über Waterloo, die nicht auf einer Heeresoffizierschule waren und keine alten Karten lesen können. Das Ganze ist nicht unähnlich der Runde der Byron Verehrer in Sigrid Combüchens Roman Byron, die mit Hilfe der Tischplatte, einer Spalte darin sowie zwei Brieftaschen, einigen Gläsern, einer Flasche, die hin und her gerollt wurde, und einer Hand, die sich ab und zu um Gläser und Brieftaschen schloß, die Schlacht von Waterloo nachstellten.
Wellington weiß, dass er nur knapp davon gekommen ist: It was a near run thing. The nearest run thing you ever saw in your life. Nach der Schlacht von Sorauren hatte er seinem Bruder William geschrieben: I escaped as usual unhurt, and I begin to believe that the finger of God is upon me. Jetzt gebraucht er beinahe das gleiche Bild in einem Brief an seine Freundin Lady Frances Webster: The finger of Providence was upon me, and I escaped unhurt. Der Iron Duke ist nicht so kalt, wie seine Feinde ihn darstellen: My heart is broken by the terrible loss I have sustained in my old friends and companions and my poor soldiers. Believe me, nothing except a battle lost can be half so melancholy as a battle won.
Wir wissen nicht so viel über die Beziehung zwischen dem Herzog und der Lady, aber sie ist in diesem Moment nicht weit von ihm entfernt. Sie ist auch in Brüssel, sie war auch auf dem berühmten Ball der Herzogin von Richmond, als Wellington die erste Nachricht von Napoleons Marsch nach Brüssel erhält. Die Zeitungen sind voll von der angeblichen Liebesaffäre zwischen der Lady und dem Herzog. Der Dichter Lord Byron erlebt gerade sein persönliches Waterloo, erst geht der Stern des von ihm verehrten Napoleon unter, und dann wird die von ihm geliebte Lady Frances ständig mit diesem Mann gesehen, der seinen Helden besiegte. Er schreibt das ➱Gedicht When we two parted (nachdem er zuvor zu seinem Freund Scrope Davies D— all women, and d— that woman in particular gesagt hat) :
When we two parted
In silence and tears,
Half broken-hearted
To sever for years,
Pale grew thy cheek and cold,
Colder thy kiss;
Truly that hour foretold
Sorrow to this.
The dew of the morning
Sunk chill on my brow—
It felt like the warning
Of what I feel now.
Thy vows are all broken,
And light is thy fame:
I hear thy name spoken,
And share in its shame.
They name thee before me,
A knell to mine ear;
A shudder comes o'er me—
Why wert thou so dear?
They know not I knew thee,
Who knew thee too well:
Long, long shall I rue thee,
Too deeply to tell.
In secret we met—
In silence I grieve,
That thy heart could forget,
Thy spirit deceive.
If I should meet thee
After long years,
How should I greet thee?
With silence and tears.
In silence and tears,
Half broken-hearted
To sever for years,
Pale grew thy cheek and cold,
Colder thy kiss;
Truly that hour foretold
Sorrow to this.
The dew of the morning
Sunk chill on my brow—
It felt like the warning
Of what I feel now.
Thy vows are all broken,
And light is thy fame:
I hear thy name spoken,
And share in its shame.
They name thee before me,
A knell to mine ear;
A shudder comes o'er me—
Why wert thou so dear?
They know not I knew thee,
Who knew thee too well:
Long, long shall I rue thee,
Too deeply to tell.
In secret we met—
In silence I grieve,
That thy heart could forget,
Thy spirit deceive.
If I should meet thee
After long years,
How should I greet thee?
With silence and tears.
Erstaunlicherweise hatte keine englische ➱Zeitung einen Reporter nach Brüssel oder Waterloo geschickt, wie man in dem Buch The News from Waterloo: the Race to Tell Britain of Wellington’s Victory von Brian Cathcart lesen kann. Es wird Tage dauern, bis die Nachrichten nach London kommen. Es sind auch keine Brieftauben über den Kanal geflogen, wie erzählt wird. Und ➱Rothschild manipulierte nicht den Aktienmarkt (es wird einem Nazi Autoren vorbehalten bleiben, das Theaterstück Rothschild siegt bei Waterloo zu schreiben). Legenden halten sich zäh, auch wenn sie falsch sind. Wahrscheinlich halten die sich am längsten. Aber dennoch kann man die Geschichten immer wieder erzählen: The tale is in every Englishman’s mouth; and you and I, who were children when the great battle was won and lost, are never tired of hearing and recounting the history of that famous action, schreibt Thackeray in Vanity Fair.
Wir bekommen immer nur Facetten des Ganzen, selbst in dem berühmten Buch The Face of Battle von John Keegan. Da sind die Historiker nicht anders als die Romanautoren, die bei der Beschreibung eines Krieges diese Technik des detailliert beschriebenen Ausschnittes der Wirklichkeit schon lange beherrschten. Leo Tolstoi hat das in Krieg und Frieden perfektioniert. Den kleinen ➱Hauptmann Tuschin mit seiner Pfeife, der ohne Befehl handelnd die Schlacht entscheidet, vergessen wir nicht. Die Beschreibung des Feldlazaretts in Miss Ravenel's conversion from secession to loyalty im ➱21. Kapitel auch nicht. Flaubert beherrschte diesen effet de réel, wie Roland Barthes das genannt hat, wie kein anderer. Wir finden diese Technik bei Sebastian Zweig in seinem ➱Kapitel Die Weltminute von Waterloo in Sternstunden der Menschheit. Und natürlich bei Stendhal in seiner Kartause von Parma, wenn er seinen Helden über das ➱Schlachtfeld irren lässt. Stendhal war nicht in Waterloo, aber er war mit Napoleon in Moskau. Er weiß, wie der Krieg aussieht.
Deutsche Schriftsteller sind nicht bei Waterloo dabei. Das Regiment des Leutnants Joseph von Eichendorff hat die Hauptarmee erst einen Tag nach der Schlacht erreicht, wird aber unter Gneisenau an der Verfolgung der Franzosen teilnehmen. In seinen Autobiographischen Fragmenten notiert Eichendorff nur den Satz: Mein Biwak auf dem Pont-neuf. Er wird als Ordonanzoffizier im Stab Gneisenaus den Marschall Blücher kennenlernen. Dem hatte Gneisenau zwei Jahre zuvor den Major Friedrich de la Motte-Fouqué (dessen Sohn preußischer Generalmajor wird) mit den Worten vorgestellt: Sehen Sie, Eure Excellenz, das ist der Kriegssänger unseres Heeres. Der Hauptmann Achim von Arnim ist nach einem Jahr beim Landsturm schon wieder auf seinen Gütern. Einer seiner Nachkommen war unser Schulsprecher und brachte es bis zum Oberst im Generalstab.
Heute kämpfen sie wieder bei Waterloo, re-enactment heißt das Ganze (hier ein kleiner Napoleon bei dem Spektakel vor zwei Jahren). In Amerika ist das schon eine Art Volkssport, alle Schlachten des ➱Bürgerkriegs nachzustellen. In normalen Jahren bestehen die Truppen, die da in Belgien aufeinandertreffen aus achthundert Freiwilligen. Aber zur Feier von 200 Jahren Waterloo rechnet man mit fünftausend Freiwilligen, dreihundert Pferden und hundert Kanonen. Man erwartet 200.000 Besucher, denen man zeigen will, dass Waterloo mehr ist als ein Bahnhof in London und ein Song von Abba.
Die Gesamtleitung des Spektakels hat ein Belgier namens Luc Petit. Heute gehört der Ort Waterloo, in dessen Nähe die Schlacht stattfand, zu Belgien, damals waren das noch die Niederlande. Napoleon wird (und das schon seit Jahren) von dem französischen Juristen Frank Samson gespielt, auf dem Bild sehen wir ihn von Elba kommend, gerade wieder auf französischem Boden. Zur großen Freude der englischen Medien hat er gerade in einem Interview erklärt, dass Napoleon one of the greatest men the world has ever known sei, der Duke of Wellington dagegen a frightful Englishman that no one has heard of. Und fügte noch hinzu: In terms of public relations, in terms of his historical importance, it’s clear that [Napoleon] won at Waterloo. The public will acclaim him and we have forgotten that he lost. Ach ja, wie sagte Napoleon so schön? Ich liebe dieses Zitat: Du sublime au ridicule il n'y a qu'un pas. Ich weiß jetzt nicht so genau, was die Association Franco-Européenne de Waterloo zu Monsieur Samson sagt.
Für Napoleon war es die Bataille de mont Saint-Jean. Blücher hätte sich gewünscht, dass die Schlacht den Namen Belle-Alliance bekommt. Das wäre ja auch ein schöner symbolischer Name gewesen. Aber so belle ist die Allianz nicht. Wellington will Waterloo als Namen. Man hätte ja auch Braine l’Alleud nehmen können, wo die Schlacht eigentlich stattfand, aber das kann kein Engländer aussprechen. Die Engländer tun sich bis heute schwer, anzuerkennen, dass auch die Deutschen zu den Siegern gehörten. Denn was wäre gewesen, wenn Blücher in der Schlacht von Ligny gefallen wäre?
Ich bin in der Affäre damit weggekommen, daß sie mich meinen schönen englischen Schimmel erschossen haben; Gneisenau hat dasselbe Schicksal gehabt; wir sind beide von den Fallen mit den Pferden etwas mitgenommen ... mein kreuzbraver Nostiz hat mich einen großen Dienst getan, da er mich unter dem Pferde herausgeholfen. Der kreuzbrave August Ludwig von Nostiz hat nicht nur seinen Marschall unter dem Pferd hervorgezogen, er hat auch noch im richtigen Augenblick seinen Mantel über Blücher gebreitet, damit die vorbei galoppierenden Franzosen nicht sehen konnten, wer da am Boden lag. Einen halben Tag später schreibt Blücher dem General von Müffling: daß, so krank ich auch bin, ich mich dennoch an die Spitze meiner Truppen stellen werde, um den rechten Flügel des Feindes anzugreifen als Napoleon etwas gegen den Herzog unternimmt. Und das wird er auch tun.
Im ➱Internet gibt es auch Sergei Bondartschuks Film aus dem Jahr 1970 zu sehen. Der Film, für den die Rote Armee 18.000 Soldaten als Statisten abordnete, ist lange nicht so gut wie seine ➱Verfilmung von Krieg und Frieden, aber man kann ihn sich anschauen. Ich tue das heute Abend auf jeden Fall, denn ich besitze eine DVD. Christopher Plummer ist in dem Film wirklich gut als Wellington. Und man hat ihn auch historisch genau gekleidet: mit einem blauen Cape über seiner Zivilkleidung. Sir Thomas Picton - gespielt von Jack Hawkins - war auch in Zivil.
Man sagt, die Uniform des Generals sei auf dem Postweg nicht rechtzeitig nach Brüssel gelangt. Die Wahrheit ist eher, dass der ständig fluchende Waliser Picton nur für Portraitmaler eine ordentliche Uniform trug (sein Stab eifert ihm darin nach), den schwarzen Zylinder hat er schon in Spanien getragen - in der Schlacht von Bussaco trug er eine rote Nachtmütze. Wellington kann tragen, was er will, man erkennt ihn im Pulverdampf immer, ob man Freund oder Feind ist. Als Wellington einen vorbeireitenden Offizier zu Ende der Schlacht nach etwas fragt, bekommt er die Antwort: Je suis desolé, monsieur le Duc, mais je ne parle pas un mot d'anglais. Ich weiß nicht, wie wahr diese Geschichte ist, ich habe sie in Sigrid Combüchens ➱Roman Byron gelesen.
Man weiß nie, wie wahr all die Anekdoten sind. Es sind die kleinen Anekdoten, die man behält. Der kreuzbrave Nostiz - Wellingtons Blick auf die Taschenuhr - der Satz Ich wollte, es wäre Nacht oder die Preußen kämen - Sir Thomas Picton mit Zylinder und Regenschirm - die Erdbeeren, die der General Grouchy zum Frühstück hat, während er in der Ferne den Kanonendonner hört. Wenn wir bei den Anekdoten bleiben, können wir das Ganze vielleicht begreifen, dann bleiben die Toten und Verwundeten und der Schrecken draußen vor. Vierzigtausend lassen auf dem engen Raum ihr Leben. Wellington vergleicht die Schlacht später (in einem Brief an Lord Beresford) mit einem Boxkampf: You will have heard of our battle of the 18th. Never did Isee such a pounding match. Both were what the boxers call "gluttons."Napoleon did not manoeuvre at all. He just moved forward in the old style.
Waterloo! Waterloo! Waterloo! morne plaine!
Comme une onde qui bout dans une urne trop pleine,
Dans ton cirque de bois, de coteaux, de vallons,
La pâle mort mêlait les sombres bataillons.
D'un côté c'est l'Europe et de l'autre la France.
Choc sanglant ! des héros Dieu trompait l'espérance
Tu désertais, victoire, et le sort était las.
Ô Waterloo ! je pleure et je m'arrête, hélas !
Car ces derniers soldats de la dernière guerre
Furent grands ; ils avaient vaincu toute la terre,
Chassé vingt rois, passé les Alpes et le Rhin,
Et leur âme chantait dans les clairons d'airain !
Victor Hugos Waterloo! morne plaine! hätte von Byron sein können, auch er fand das Schlachtfeld 1816 ziemlich trostlos. In Childe Harolds Pilgrimage kommt zwar der ➱Ball der Herzogin von Richmond vor, aber Waterloo spielt keine Rolle: And is this all the world has gained by thee, Thou first and last of fields! king-making Victory? Der Herzog von Wellington wurde 1821 vom König George IV nach Brüssel bestellt, damit er ihm das Schlachtfeld zeige. Dieses Bild von ➱Benjamin Haydon ist allerdings Jahrzehnte später gemalt, man kann es nicht als historische Quelle nehmen.
Neu auf dem Schlachtfeld ist 1821 der Löwenhügel, den die Niederländer errichtet haben. They have spoiled my Battlefield, soll Wellington gesagt haben. Victor Hugo zitiert den ➱Satz in Les Miserables etwas anders, ob er wirklich gesagt wurde, weiß niemand genau. Den Herzog von Wellington mag Hugo sowieso nicht so sehr: Bei Waterloo wurde eine Schlacht ersten Ranges geschlagen und von einem Feldherrn zweiten Ranges gewonnen. Die Franzosen lieben ihren Victor Hugo, er hat sogar ein ➱Denkmal auf dem Schlachtfeld, das ähnlich wie ➱Gettysburg mit Denkmälern übersät ist.
Wenn Sie heute zur Feier des Tages eine festliche Musik auflegen wollen, dann sollte das natürlich nicht ➱Abba sein. Sondern Tschaikowskis 1812 Ouvertüre. Denn Napoleons Niedergang begann schon 1812 in Rußland an der ➱Beresina. Ich habe das Stück auf einer alten Platte (die es inzwischen auch als CD gibt) zusammen mit Beethovens Wellingtons Sieg als Mercury Living Presence (der Vorläufer von Stereo). Da gibt es zum Schluss eine echte Kanone aus der napoleonischen Zeit zu hören, die man aus West Point geliehen hatte (bei dieser YouTube ➱Aufnahme hat man auch eine Kanone im Konzertsaal).
Obgleich es erst heute einen Post gibt, der Waterloo heißt, ist die Schlacht schon häufig in diesem Blog behandelt worden. Lesen Sie auch: ➱La Belle-Alliance, ➱Elba, Briefe, ➱Regenschirme, ➱Captain Gronow, ➱Stendhal, ➱Luxuskutschen, ➱Ney, ➱John Keegan, ➱Sigrid Combüchen, ➱Laon 1814
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